Leistungstief adieu! Eine Schule auf Erfolgskurs
Vor zehn Jahren war die Leistung der Schülerinnen und Schüler an der Humboldt-Grundschule in Prescott Valley im Bundesstaat Arizona, USA, besonders schwach. Nur fünf Jahre später gewann die Schule mehrere Auszeichnungen und liegt heute deutlich über dem Leistungsniveau vergleichbarer Schulen. Evaluation, Zusammenarbeit und das Lernen sichtbar machen führten zu diesem Erfolg.
Von Fabian Steiner und Stefan Lohri
Als die Humboldt-Grundschule eine neue Schulleitung bekam, stand sie kurz davor, das Label «under-performing» (leistungsschwach) zu erhalten. Um dem entgegenzuwirken, hat die Schule den Weg zu einer internen Evaluationskultur eingeschlagen, bei welchem die Stärken und Schwächen der Schülerinnen und Schüler im Zentrum stehen.
Zum Arbeitsalltag der Lehrpersonen zählt eine gemeinsame Nutzung der erhobenen Daten zum Leistungsstand aller Schülerinnen und Schüler. So können sich alle des schulischen Standes der Lernenden vergewissern und jeweils effizient im Sinne der Kinder zusammen das künftige Handeln planen. Die Daten-Transparenz bzw. das Sichtbarmachen ermöglicht einen Austausch über den eigenen Unterricht und führt zu einem Umdenken – das kollaborative Arbeiten im Kollegenkreis steht im Zentrum und die Entwicklung der Lernenden hat erste Priorität.
Datenerhebung
Bevor ein Sichtbarmachen der Daten umgesetzt und die Zusammenarbeit möglich gemacht werden konnte, musste eine Evaluationskultur gefördert werden: Es wurde darauf hingearbeitet, dass die Lehrpersonen über ein Verständnis für eine umfassende Datenerhebung verfügen und im Rahmen der Erhebung verschiedene Methoden einsetzen, um die Leistungen der Schülerinnen und Schüler zu ermitteln.
Durch die formative Evaluation des Unterrichts, ist es den Lehrpersonen möglich, den Unterricht laufend anzupassen. Die formative Evaluation gibt Rückschlüsse auf das eigene Unterrichten, indem sich die Lehrperson des Lernstandes der Schülerinnen und Schüler vergewissert. Dieser wird auf verschiedene Arten ermittelt, zum Beispiel mit Hilfe von Lernstandkontrollen oder der Beobachtung von Lernaktivitäten.
Eine Möglichkeit, damit die Lehrpersonen die Lernaktivitäten beobachten können, bietet der Einsatz von Peer-Tutoring. Bei dieser Methode sind die Peers, die Mitschülerinnen und Mitschüler, als Co-Lehrende für Lernende tätig, was ihnen Selbstregulierung und Kontrolle über das eigene Lernen zulässt. Die Lehrperson bleibt im Hintergrund und kann wichtige Erkenntnisse über den Lernstand der jeweiligen Schülerinnen und Schüler erlangen.
Sichtbarmachen
Die Lehrpersonen der Humboldt-Grundschule entwickelten in den letzten Jahren eigene Methoden, um die Daten sichtbar zu machen und um mit diesen gemeinsam weiterzuarbeiten.
Ein Beispiel ist eine Wand mit verschiedenfarbigen durchsichtigen Plastik-Hängetaschen, auf der dargestellt wird, wie sich die in 3-Wochen-Abständen gemessenen fachlichen Leistungen der Schülerinnen und Schüler über die verschiedenen Kompetenzniveaus bewegen. Die Visualisierung ist für alle Lehrpersonen sichtbar, die Lernenden hingegen haben keinen Zugang.
Austauschen und zusammen entwickeln
Der Austausch der Daten ermöglicht es, dass die Lehrpersonen diese gemeinsam und fortwährend diskutieren, zusammen den Unterricht und Interventionen besprechen und entwickeln.
Umsetzen
Unterricht und Interventionen sind differenziert sowie fortlaufend auf die jeweiligen Schülerbedarfe angepasst. Es folgen neue Erhebungen, Austausch über die Daten und Anpassungen durch Unterrichtsentwicklung. Eine von der Humboldt-Schule selbst entwickelte Intervention stellt «I Choose» dar. Sie ermöglicht den Lehrpersonen eine interne Differenzierung innerhalb der eigenen Klasse vorzunehmen, ohne dabei zusätzliche Unterrichtszeit aufwenden zu müssen. Schülerinnern und Schüler, die kurz vor Ende des Tages ein bestimmtes Unterrichtsziel erreicht haben, können wählen, wie sie die letzten 30 Minuten ihres Schultages gestalten wollen. Sie verlassen das Schulzimmer, um an der von ihnen gewählten Aktivität teilzunehmen. Die im Klassenzimmer verbleibenden Schülerinnen und Schüler haben das Unterrichtsziel nicht erreicht: Sie werden nun in Kleingruppen von der Lehrperson oder von älteren Mitschülerinnen und Mitschülern, die sich freiwillig gemeldet haben (Peer-Tutoring), betreut, damit das Erreichen des Unterrichtsziels sichergestellt werden kann.
Quellen
edutopia.org (April 2015): Making Student Data Part of the Conversation. Abgerufen am 14.05.2015.
Hattie, John A. C. (2015, 3. Auflg.): Lernen sichtbar machen. Überarbeitete deutschsprachige Ausgabe von «Visible learning», besorgt von Wolfgang Beywl und Klaus Zierer. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren.
The Humboldt Schools. Abgerufen am 14.05.2015.
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Fabian Steiner
BSc Psychologie, Projekt-
mitglied von Lernen sichtbar machen
fabian.steiner(a)fhnw.ch[/lightgrey_box]