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SOFT-Analyse

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Unterrichtskontext: Eine Fachlehrkraft Physik fällt unerwartet aus. Ein Kollege muss ohne Austauschmöglichkeit – zusätzlich zum Fachunterricht auch als Klassenlehrer – einspringen. Beim ersten Kontakt mit der Klasse stellt er fest: Die Klasse «funktioniert gut». Die Arbeitsatmosphäre ist konstruktiv. Es gibt starke Gruppenbildungen in der Klasse entlang der Geschlechter.
Das Resultat der ersten Fachprüfung (Physik) überrascht und beunruhigt den erfahrenen Lehrer: Die Leistungen sind unbefriedigend und damit ist der Notenschnitt sehr tief. Vor allem die Schülerinnen zeigen markant schwächere Leistungen.
In der Besprechung der Prüfungsergebnisse zeigt sich die Klasse sehr zurückhaltend; insb. die weiblichen Schülerinnen sind ängstlich und stark verunsichert. Der Lehrer ist unsicher, wie er seinen Unterricht ausrichten soll. Er entscheidet sich für eine SOFT-Analyse. Er verspricht sich davon vertiefte Informationen zur für ihn diffusen Situation.
Methode, allgemeinSOFT-Analyse: Das Akronym steht für S (Satisfations/Stärken), O (Opportunities/Möglichkeiten),
F (Faults/Schwachstellen), T (Threats/Befürchtungen).
Methode, konkrete AnwendungDer Physiklehrer nutzt die SOFT-Analyse, um sein (Prüfungsvorbereitendes) Unterrichtsangebot durch die Lernenden einschätzen zu lassen, für eine Ideensammlung zum weiteren Vorgehen sowie für ein Sichtbarmachen von Befürchtungen. Seine Leitfragen:
– Welche Aspekte des gemeinsamen Physikunterrichts schätzen die Schüler*innen als Stärken (S), welche als Schwachstellen (F) ein
– Mit welchen Aktivitäten können Lehrer und Schüler*innen das Lernen stärken (O); welche Bedenken haben die Schüler*innen (T)?
ZielErkennen, wie es zu tiefen Leistungen an der Prüfung kommen konnte. Erkennen, wie der Unterricht insbesondere die Schülerinnen besser unterstützen kann. Beziehung zwischen Lehrer und Klasse stärken; Zuversicht – insbesondere der Schüler*innen – stärken.
ZeitbedarfVorbereitung: 5 Minuten
Durchführung: 20 Minuten
Datenauswertung: 20 Minuten
MaterialWandtafel und Kreide
Methode detailliertEinführung: Ziele, Vorgehensweise und Nutzung der Daten klären.
Methode:
– LP zeichnet Quadranten S-O-F-T an die Tafel. Er erklärt die Leitfragen, schreibt diese an die Tafel.
– Die Lehrperson verlässt den Raum; Schüler*innen befüllen die Quadranten (anonymisierte Datenerhebung) mit ihren Kommentaren, moderiert durch die «Klassenchefin».
– Der Lehrer kehrt in den Raum zurück. Er und die Klasse besprechen die Kommentare. Der Lehrer fragt bei Unklarheiten nach. Das weitere Vorgehen wird vereinbart.
– Der Lehrer bietet Einzelgespräche als zusätzliche Austauschmöglichkeit an.
ErfolgDer Lehrer erkennt, wie er sein Unterrichtsangebot modifizieren kann: häufiger Beispiele anbieten, fachliche Lücken schliessen, Schüler*innen – gemäss Vereinbarung – öfter direkt zur mündlichen Mitarbeit auffordern, Hausaufgaben mit längerem Zeithorizont anlegen und Lösungen zur Verfügung stellen, etc.
Die Klasse fühlt sich ernstgenommen und unterstützt. Insb. die Schülerinnen bringen sich öfter im Unterricht ein. Die Klasse ist zuversichtlicher.
Einzelne Schüler*innen klären mit dem Lehrer weitere individuelle Herausforderungen im Einzelgespräch.
Heraus- forderungenWichtig ist, dass der Lehrer offen ist für Einschätzungen der Schüler*innen. Diese erwarten, dass der Unterricht die Ergebnisse der Analyse aufgreift. Damit wird aber auch das gegenseitige Vertrauen gestärkt.
Rückmeldungen SuSDie Rückmeldungen der SuS sind vielseitig, sehr ehrlich und direkt. Sie schätzen die Bereitschaft des Lehrers, seinen Unterricht für sie anzupassen.
Hinweise der LPInformationsgewinn für LP: «Ich erfahre, wo ich stark bin und wo ich mich verbessern kann. In Kombination mit Einzelgesprächen erhalte ich sehr viele Informationen zur Klasse. Dies erleichtert meine Arbeit als Klassenlehrperson erheblich.»
Gewinn für SuS/Unterricht: «Der Unterricht wird stärker auf Lernstände der Schüler*innen ausgerichtet. Sie sind zuversichtlicher unterwegs. Das Vertrauen zwischen Klasse und Lehrer ist gestärkt.»
Urheberschaft      Die Methode wurde entwickelt, erprobt und dokumentiert von Daniel Keller, Fach Physik mit einer Klasse im 8. Schuljahr am mathematisch-naturwissenschaftlichen Gymnasium Rämibühl in Zürich.

Quellen:  Soft-Analyse auf dem Bildungsserver Rheinland-Pfalz